Morgenlandfahrer

„Morgenlandfahrt“ ist ein kleines Bändchen, das Hermann Hesse 1932 geschrieben hat. Es stand hier wohl an die 20 Jahre ungelesen im Bücherschrank. Ich weiss nicht mehr, aus welcher Altpapiersammlung ich das abgegriffen habe.
Ich will hier nicht mit einer Inhaltsangabe langweilen, die würde ich nicht hinbekommen. Es geht halt um eine fiktive Reise in ein fiktives Morgenland, es gibt eigentlich kein Label für diese Erzählung. Ich kann das nicht einordnen.
Der Titel blieb hängen bei mir und ich begann mich zu erinnern, an die guten alten Zeiten, die man so gerne zu verbrämen pflegt, so eine Gloriole darüber hängt.
So um die Zwanzig war ich , die etwas fusskranke Nachhut hinkte da noch der Hippiebewegung hinterher.
Irgend etwas war doch da? So eine ganz unklare Ahnung davon, dass die Welt irgendwie im Eimer ist. Ein Unbehagen an der Zivilisation. Kritik bis hoch zum Stehkragen.
Das haben Andere auch bemerkt. Ich kann mich erinnern, dass sich eine wahre Flut von esoterischer Literatur über das Volk ergoss, einige praktische Instant-Erleuchtungsführer, auf der anderen Seite die ganze Andro- und Theo- und Philosophenecke, Seriöses gemischt mit weniger Seriösem, bei mir hat alles versagt. Das Rüstzeug war da, nur der Rappe, der fehlte!
Einer nach dem Anderen von uns Morgenlandfahrern flog damals aus der Kurve, der eine fiel nur um, ein Anderer mit 180 km/h.

Ein paar Dekaden später brachte das Hermännsche diese Zeiten wieder in die Erinnerung. Der beschrieb das ähnlich, nur viel besser. Das Debakel am Morbio Inferiore, so nannte  Hesse das (Ist keine Krankheit, sondern in ein Ort im Tessin).
Ich habe lange darüber nachgedacht, was mir damals eigentlich passiert ist.
Es waren die Hausaufgaben, die nicht gemacht wurden. Oder, wenn man so will, es war der Versuch, sich so am Leben vorbei zu mogeln. Das konnte nur in die Hosen gehen. Das ist wie wenn man erwarten würde, dass man beim Monopoly sofort die grünen und die gelben Strassen bekommt, alle vier Bahnhöfe und die Schlossallee mit einem Hotel darauf. Pfeifendeckel!

Kurz nachdem ich dem Hesse wieder begegnet bin, da kam ein Schreiben mit guten Wünschen zur 25-jährigen Betriebszugehörigkeit. Eigentlich leg ich wenig Wert auf so einen Kram, so ein bisschen hat es mich aber doch ganz klammheimlich gefreut.
Es war ein wenig der Gedanke dabei an die Hausaufgaben, einen Job erledigt zu haben. Mir ist noch einiges mehr eingefallen, was sich derzeit in geordneten Bahnen bewegt. Daran denkt man eigentlich sehr selten, denn meist ist man beschäftigt mit Problemen, seien sie wahr oder nur eingeredet. Und natürlich sind die Zeiten schlechter denn je.

Ein eigener Gedanke ist trächtiger als zehn fremde, denn darüber denkt man ungleich öfter nach, prüft ihn, verwirft oder billigt ihn und setzt ihn dann dazu zu der Summe seiner Erfahrungen.

Schaunmermal. Irgend wie beschäftigt mich die Morgenlandfahrt wieder. Ob der Rappe nun da ist?

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Gustav und die elf Freunde

Es ist vollbracht!
Europa hat einen neuen Meister. Und ich gönne es ja den Portugiesen, denn noch nie waren sie an der Reihe. Wie sagt man so schön: Sie haben Geschichte geschrieben.
Na ja.
Im Viertelfinale kam mir das Interesse ziemlich abhanden, so ganz klammheimlich, und wie immer traf mich keine Schuld. Es waren die Wolken und es war Gustave.
Machen Sie nie den Fehler und lesen sie Gustave Le Bons Buch „Psychologie der Massen“ während einer WM oder EM! Diese Lektüre entwickelt sich ganz schnell zur Spassbremse. Der Mann schrieb das Buch 1903! Deshalb gehe ich davon aus, dass er noch keine Fussballübertragung  gesehen haben kann. Geahnt haben muss er es!

Wenn man begreifen will, was er da schreibt, dann setze man sich während eines Spiels der deutschen Mannschaft auf die Dachterrasse und lausche hinaus. Ich möchte mich aber nicht weiter darauf kaprizieren. Das Büchlein liegt im Handel aus, ist lesbar geschrieben und seltsamerweise noch nicht wirklich widerlegt.

Die Wolken waren der andere Grund. Auf selbiger Terrasse fiel mir nach Jahren der Sitzerei endlich einmal auf, welch grosses Himmelspanorama sich dort betrachten lässt, nicht nur ein kleiner Ausschnitt. Ich bin nicht der Schnellste, das hab ich bemerkt, da ich Jahre brauchte, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. Aber immerhin, der Groschen ist gefallen, pling!

Kurz gefasst: Das ist klasse, ich kann stundenlang beobachten, was am Himmel so passiert.
Aus dem Nichts heraus entstehen sie, vergehen sie wieder, ziehen ins Blickfeld, nehmen andere Formen an, sie sind ist wunderbar, die Wolken. So schön ist fast kein Ballgeschiebe über mindestens 90 Minuten, wenn’s kurz ist. Wolken sind ganz großes Kino.

Womöglich werde ich nun senil. Ich ertappte mich neulich dabei, wie ich mehrere Stunden an einem See gesessen bin und nur das Spiel der Farben, die Wellen betrachtete und den Einfallsreichtum der Natur.
In solchen Momenten ist mir die Psychologie der Massen und die EM irgendwie egal. Abstrakter Kram. Da hat man fast lichte Augenblicke, wo man vor sich hin denkt und es quillt förmlich heraus aus Einem.
Und man wird zufriedener, gedenkt ab und zu etwas freundlicher diesem Hirnorgan auf unseren Hälsen, das für Momente nicht bloss bruddelt und jammert, aber auch seine schönen Zeiten geniessen kann, all zu viel vergönnen wir dem Gehirn oft auch nicht.

Wenn Island Europameister geworden wäre,  das hätte auch noch einen oder zwei schöne Momente abgegeben! Ewig schad.

 

Wie die Zeiten sich ändern …..

Fast auf den Tag genau vor 16 Jahren, am 20. Mai 2000, es war ein Samstag, da lag hier anstrengende Gartenarbeit an.
Letzter Spieltag der Bundesliga, im Radio lief „Heute im Stadion“.
Wir erinnern uns:
1999 war der SSV Ulm 1846 quer durch die zweite Liga in das Oberhaus marschiert.
Von Kindesbeinen an galt es am Montagmorgen mit dem ersten Blick in die Zeitung die Frage zu klären: „Wie hat Ulm gespielt“. Meistens in der ersten Amateurliga oder der Regionalliga in guten Zeiten. Aufstiegsrunden waren immer Drama pur.
Tausende waren allerdings 1999 in der Friedrichsau in Ulm, Saisonfinale, Altin Rakli von Unterhaching schoss das entscheidende Tor gegen die Konkurrenz. Als danach der Aufstieg in trockenen Tüchern war, ich war dabei, es wurde eine rauschende Ballnacht, aber Hallo.

Schwer zu glauben, ausgelassen können die Schwaben sein …..

Danach war ich ein Jahr lang richtiger Fussballfan, mit Schal und so.

Ich kann mich an jedes Spiel erinnern, einige im Stadion gesehen.
Unvergessen das 3:1 gegen Kaiserslautern, das 1:1 in Dortmund, als der Fanblock der Borussen zu den Ulmern übergelaufen ist, gegen Rostock mit vier roten Karten („Skandal“). Das 1:9 gegen Leverkusen.
Beim letzten Spieltag war alles offen, am Samstag im Garten, beim Steinplatten verlegen, brauner Jura.
Entscheidung in Frankfurt. Frankfurt gewann 2:1 und Ulm war drunten.
Abstieg. Dann gleich noch mal Abstieg, es ging so schnell nach unten wie hinauf.
Lizenzentzug, Verbandsliga. Statt Bayern München plötzlich Illertissen. Das möchte ich keinem wünschen.

Weg war es nie, das leicht paranoide Gefühl, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen konnte, aber es war nur so ein Gefühl. Normal bei einem Abstieg. Da sind alle gegen!
Als kurz danach der SSV Reutlingen 05 das gleiche Drama abgeliefert hat, und von der 2. Bundesliga in die Verbandsliga durchgebrochen ist, Lizenzentzug und der Manager im Seniorenknast in Singen, da war die Leidensfähigkeit bei mir aufgebraucht.

„The day Fussball died“.

Da hätte man was lernen können. Etwa dass der Hochmut vor dem Fall kommt. Dass millionenteure Tribünen mit VIP-Lounges in der Oberliga bestenfalls als Notquartiere für Flüchtlinge nutzbar sind. Oder Luxusmannschaftsbusse so überflüssig wie ein Kropf sind.

Hat man aber nicht. Fast 16 Jahre später hab ich mir wieder „Heute im Stadion“ gegönnt. Ohne Gartenarbeit und schwere Steine, denn ich habe Rücken.
In einer alptraumhaften Dramaturgie des fussballerischen Grauens hat es heuer die Landeshauptstadt Stuttgart erwischt. Der Ulmer Abstieg war eine Bachblütentherapie dagegen. Es kann immer noch schlimmer kommen.
Die Ulmer haben sich wenigstens noch gewehrt, beim VfB war das nicht zu erkennen. Der stand auf dem Platz, so als wie wenn jeder Spieler „ein Klavier tragen müsse“ (Zitat aus dem Rundfunk).
Zweiter Abstieg nach 41 Jahren. St. Pauli, wir kommen!
Und es kommt noch dicker. Kurz davor stieg die 2. Mannschaft des VfB ebenfalls ab, aus der dritten Bundesliga und am Samstag auch noch die Stuttgarter Kickers aus Degerloch. Wenn’s ganz dumm läuft, dann auch noch die Zweite der Kickers nächste Woche, die sind pikanterweise punktgleich mit Reutlingen. Alles Zufall!
Auch in Degerloch steht ein neu renoviertes Stadion, dort kann man nun Regionalligafussball kucken.

Ein denkwürdiger Samstag. Ach, und wissen Sie was?

Der SSV Ulm spielt ab der nächsten Saison wieder in der Regionalliga. Gegen die Stuttgarter Kickers und die Zweite vom VfB. Aber die Ulmer freuen sich darüber, denn die sind am Samstag Meister geworden.

Muss ich mal gucken, wo mein Schal geblieben ist……

 

 

 

 

 

Offener Brief der Selbsthilfegruppe japanischer Schnurbäume

Wir dürfen uns vorstellen:
Wir sind eine Gemeinschaft von Styphnolobia japonica – Bäume mit asiatischem Migrationshintergrund. Wir gehören zu den Schmetterlingsblütlern. In unserer Heimat waren wir gezwungen, ziemlich giftig zu werden. Unsere Rinde, unsere Samen und Fruchtschale – um überleben zu können. Tut uns leid, so ist das halt bei uns Bäumen. Finger weg und passt auf die Kinder auf!
Vor ein paar Jahren wurden wir alle verpflanzt. Uns Bäumen macht das keinen Spass, aber da wir immer viel zu kleines Schuhwerk tragen müssen, erhofften wir alle uns ein besseres Los: mehr los unten an den Wurzeln.
Was waren wir erleichtert, als sich herumsprach, dass wir ab jetzt in einem Bürgerpark wohnen dürften.
Ein Park!!
Was kann einem als Baum Schöneres und seelisch Tieferes in das Geäst fallen?
Die Vorfreude verführte einige von uns dazu, spontan Willkommensblättchen zu treiben.
„Schont euren Saft“, warnten Andere.
Sie hatten recht.
Dass wir Bäume oft in Reih und Glied angebaut werden, dass haben wir seit Generationen verdaut, so ist der Mensch, das hat er gern.
Und wir voller Erwartungen, diesem engen Topfwerk entrinnen zu können und mit unseren Wurzel so richtig Stoff zu geben.
Langsam wie wir Bäume halt so sind – aber sicher – kam die Erkenntnis, dass wir wahren Genies in die Hände gefallen sein mussten, oh grundgütiger Erstaustrieb. Die haben uns Schuhwerk verpasst, gerade mal ein Muggaseggele größer, als wie wir es gewohnt waren, kein Erdreich, kein Wurm, kein Pilz, nix, niente – tipota. Sie bemerken, dass wir trotz aller Isolation den schwäbischen Dialekt erlernt haben, denn wir befinden uns im Herzen der Alb.
Dumm sind wir nicht, wir Bäume.
Was würden sie tun, wenn die Füße bei jeder Bewegung schmerzten, wenn sie ständig Durst hätten und so wenig zu Essen bekämen, dass Sie gerne zu der Nudelbox da am Horizont hinüber wachsen würden, wenn Sie das könnten?
Ganz recht, der Mensch ist mindesten so sozial wie der Baum und wächst zu einem Verein zusammen.
So enstand die Selbsthilfegruppe und beschloss als Erstes, nicht mehr zu wachsen. Zu mickern. Und uns mal so um zu schauen in der Nachbarschaft.
Wir Bäume können bei viel Feinstaub wenig sehen. Das einzige was wir erkannten war ein seltsames eckiges und unnatürlich wirkendes Gebilde, das die  Menschen Stadthalle nennen.
Ein junger Mitbaum, der siebte in der zweiten Reihe links, der immer schon eine gescheites Geäst hatte, dem fiel auf, dass es im Bürgerpark kaum Bürger gibt. Denen geht es wie uns Bäumen, sie können keine Erde fühlen, sehen kein Grün, nur Stein, Glas und Metall und der junge Mitbaum vermutet, dass sie auch alle viel zu enge Schuhe tragen müssen.
Nun hoffen wir Bäume ganz arg stark, denn unsere Pflanzer haben eine Lösung für alle unsere Probleme gefunden, sie haben alles auf eine Karte gesetzt und keine Kosten gescheut:

Sie haben ein Gutachten erstellen lassen!

Einige von uns zweifeln daran, dass nun alles gut wird, aber die Hoffnung stirbt zuletzt – und wir Bäume sind bekanntlich hart im Nehmen.

Einen letzten Gruss senden wir zum Abschluss – lange Rede letzter Sinn – an die Baumgruppe Vorstadtbahnhof, die lange Zeit dort Bänkchen auf dem Vorplatz begrünen und beschatten durfte und aus uns unbekannten Gründen niedergestreckt wurde.

Seien Sie bedankt für Ihre Aufmerksamkeit.


 

 

 

Pedimania

Es steigt die Zahl der Zugriffe, die der Autoren hingegen schwindet. Die Wikipedia schwächelt.
Wundern tut mich das nicht mehr.
Genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern, was der Grund war, mich dort anzumelden, am ehesten noch entsprang er einem Schuldgefühl, einfach auch mal zu geben und nicht immer nur zu nehmen.
Außerdem bin ich ein gründlicher Leser, mir fallen Fehler schnell auf.
Und es gibt ein paar Wissensgebiete, wo ich meinte, etwas beitragen zu können.
Ich hab nun beschlossen, die Tätigkeit dort zumindest vorübergehend einzustellen.
Zuerst machte es einfach nur mal Spass. Hinsetzen und sich treiben lassen in diesem Riesenarchiv. Schärft den Blick auf inhaltlich Ungereimtes, erlernen der nicht wirklich einfachen Grundlagen.

Man fängt an, Artikel zu verbessern.
Immer schön mit Angabe der Quellen – was allein schon ein ziemliches Gewurstel ist, das nennt sich mal Einzelnachweise und mal wieder anders und die Schreibweise ist in keinster Hinsicht festgelegt. Und anecken mochte ich in diesem Bereich schon gar nicht.

Mein bisheriges Fazit ist, dass es zwar einige wirklich gute Artikel gibt, aber auch ganz viele richtig schlechte. Zum Teil mit krassen Fehlern. Im Bereich „Geschichte“ sind die Verhältnisse noch einigermassen geordnet, da geben sich die Leute richtig Mühe. Was die „italienische Malerei der Renaissance“ betrifft, da kann man die deutsche Wikipedia getrost knicken. Man ist mit jedem Bändchen besser bedient, das man für ein paar Euronen auf dem Bücherflohmarkt in Rudi’s Resterampe ersteht.
Wenn man sich mit Popmusik beschäftigt, wird es ganz grausam. Es gibt Artikel, die sind einfach nur unterirdisch schlecht. Wenn man einen Christian Graf oder das altehrwürdige Werk von Barry Graves und Siegfried Schmidt-Joos im Regal hat, wie es sich für jeden besseren Haushalt gehört, dann ist man dagegen exzellent versorgt.
Als Gutmensch meint man dann ganz schnell, mit seinen rudimentären Kenntnissen aushelfen zu müssen.
Oha – aber bleiben lassen sollte man das. Da trifft man nämlich auf Befindlichkeiten, wie so oft in diesem Bereich. Einen Abend lang sich hinzusetzen und einen Artikel auch nur halbwegs leserlich zu machen,  das bringt rein gar nichts, wenn man danach einen gekränkten Stalker an die Backe bekommt, der alles wieder revertiert (Wikisprech) – das heisst, die Änderungen rückgängig macht.
Unweigerlich schaut man dann ja auch auf die Diskussionsseiten, die Metaebene der Wikipedia. Das liest sich gruselig.
Dort geht es nämlich so richtig zur Sache. Wie bei einem Spiel der Kreisliga A, wo es zwar keinen Schiri gibt, aber unendlich mehr rote Karten und viel fiesere Fouls. Da wird gesperrt, von einem Tag bis zu lebenslang.
Lebenslang bekommen in der Regel die Vandalen – zu Unrecht wird diese Volk wieder angeprangert und ich breche einmal mehr die Lanze für diese Gemeinschaft, die diese Bezeichnung wirklich nicht verdient hat, eine andere Wortwahl hätt‘ ich mir geünscht.
Das sind die Narrenhände, die beschmutzen Tisch und Wände, sie gibt es zahlreich und sie sind manchmal schwer zu erkennen, also Obacht!
Ich weiss nicht so recht, ob ich da einen Einstieg empfehlen würde. Man braucht Kenntnisse in HTML und muss sich mit dem ganz eigenartigen Vokabular dort beschäftigen, z.B. mit „Sockenpuppen“ oder „Helferlein“.  Und es ist extrem unlocker. Was auffällt, sind endlose Diskussionen über Anträge zum Löschen von Artikeln, anstatt dass die Leute sich hinsetzen und sie verbessern würden.
Immerhin habe ich einen oder zwei unsäglich mies geschriebenen Artikel halbwegs überarbeiten können, bevor mir die Puste ausgegangen ist, als konfliktscheuem Menschen, der ich bin. Nein, ein Weichei darf man dort nicht sein – und Dank sollte man schon gleich gar nicht erwarten.

Eigentlich schade, von der Theorie halte ich das noch immer für ein gute Idee, die Wikipedia, mit diesem interaktiven Ansatz. In der Praxis sieht das ganz anders aus!

Vertrauen werde ich ihr nicht mehr.

 

Das geht wirklich zu weit!

Wieder nur ein kurzer Beitrag. Aus gegebenem Anlass.
Und dringend! Bevor er weg ist!
Und aus dem Grund einer tief innerlich bei mir gefühlten Empörung.
Es gibt gewisse Grenzen, die nicht überschritten werden sollten, die unserem vom Humanismus, der Aufklärung und der Ausbreitung des überaus breiten Mantels der  christlicher Nächstenliebe geprägten Denkens geschuldet sind.
Zurecht, so finde ich, empörte sich Heinrich VIII. über Hans Holbein den Jüngeren, als der ihm ein Porträt von seiner neuen Zukünftigen gemalt hatte, Heinrich sich daraufhin beim ersten Meeting mit ihr zum Affen machte und dann feststellen musste, dass Anna von Kleve viel zu langweilig für ihn war.
Holbein erhielt partielles Malverbot!
Noch mal: Zu Recht!
Alles hat seine Grenzen, vor allem der Humor. Das muss man in diesen jenen Tagen einmal mehr festhalten: Es geht nicht an, dass Personen, die mitten drinn in der Öffentlichkeit stecken, der Lächerlichkeit preisgegeben werden! Egal, in welcher Öffentlichkeit – und auch egal, in welchem Land wo sie wohnen. Wo kämen wir denn da hin. Die Würde ist des Menschen ist unantastbar, auch die von Päpsten, Präsidenten und Prälaten.

Der Limes war deshalb deutlich überschritten bei mir, als ich gestern um 14:35 auf einer bekannten Website einen höchst inkriminierenden Clip fand, der mehrere Verstöße gegen fundamentale Gesetze auf einmal in sich vereinigte.
Unter anderem gegen die Strassenverkehrsordnung, dann die Würde der Persönlichkeit eines Vertreters der Exekutive, einer Staatsperson, dann überhaupt und sowieso gegen die Regeln des menschlichen Zusammenlebens. Und dann noch vieles mehr, was dem Fass den Boden mitten in’s Gesicht haut. Das ist verwerflich! Die Lache ist in der Tat extrem. 🙂

Sie mögen mir es auch als Ausnahme nachsehen, wenn  der Link nur in den Anhängen veröffentlicht wird, aber man weiss ja nie …….

 

Nur ganz kurz

Ich bin nicht wirklich fromm – und das kann ich deshalb sagen, weil ich mich schon sehr  lange kenne.
Ich besitze keine Ratgeberliteratur oder erbaulichen Kram, der mich dazu bringen würde, jedes Quartal glaubensmäßig eine neue Sau durch’s Dorf zu treiben, wie man es bei den Schwaben etwas salopp formuliert.
Weiss auch nicht, was mich dazu brachte, bei YouTube „Benediktiner“ einzugeben. Fromm!
Ich wollte, ich wäre frömmer, dann wüsste ich es.
Ist aber auch völlig egal, weil es ploppte der David Steindl-Rast heraus.
Erdbewohner. Es fällt mir kein besserer Ausdruck ein für ihn.
Es war ein Interview auf ORF III. Abrufbar bei Mu Tube.
Der Mann hat mich durch seine physische Präsenz ungeheuer beeindruckt.
Das gibt’s nicht oft. Und er hat auch einiges zu sagen
Ich sag bloss, dass solche Menschen unsere Welt keinen Deut schlechter machen und dass es sich lohnt, da mal hineinzuschauen.
Das wär’s auch schon

 

Sitis, Puppis, Turris

Sicherlich gehört ein Wort wie Schiffsheck zur gebräuchlichen Ausstattung, die wir so tagtäglich auf der Zunge haben. Benutzen wir es doch dauernd, fahren wir doch ständig zur See, oder so ?
Ich zumindest kann nicht mal genau sagen, ob das vorne im Schiff ist oder hinten, da müßte ich erst mal googeln, ich verwechsle das ständig.
Als elfjährigem vorpubertierenden Knaben hat mich das einen Koffer interessiert. Aber genau das Schiffsheck, nämlich das „puppis“ gehört zu den i-Stämmen, die den Genetiv-Plural auf -ium bilden. Also „puppium“: der Schiffshecks oder so. Noch absurder!
Die Rede ist von Latein!
Und man konnte Gift darauf nehmen, dass so ein Kram wie Schiffsheck oder Rednertribüne unter Garantie im Test abgefragt wurde. Gehörte man nicht zu den Strebern mit einem leichten Hang zur Zwanghaftigkeit, dann wußte man das nicht. Das zog die Note runter, das Interesse gleich mit und bei mir endete das dann mit „Nicht versetzt“ und einer sauberen 5 im Zeugnis.
Nur mühevoll berappelt schleppte ich mich dann durch in das kleine Latinum, mit viel Glück.
Vor ein paar Jahren erstand ich einen Schwung Lehrbücher im Sonderangebot, „Latein bis zum Abitur“ und all den Kram und versuchte es auf ein Neues. Zum Einen hat mich das gewurmt, mit der 4 abzuschliessen in Latein, gekränkt fast, zum Anderen stand ich immer wieder vor lateinischen Inschriften, die ich nicht verstand.
Und: Ich bin genauso aus der Kurve geflogen wie seinerzeit in der Mittelstufe des Gymnasiums. An den Lehrbüchern hat sich nämlich kein Jota geändert. Und die Tests sind noch immer ähnlich hirnlos und frustrierend, da zumeist wieder die Ausnahmen abgefragt werden. Das „Puppis-Syndrom“!

Da war ich kurz davor, den Bettel wieder hinzuschmeissen, ein für allemal.
Gerettet hat mich der Umberto Eco, leider vor kurzem verstorben, unendlich dankbar darf ich ihm sein. Der bestückte nämlich sein Buch „Der Name der Rose“ mit einer Menge an lateinischen Zitaten, deren Übersetzung im Anhang gleich mitgeliefert wurde.
Also gut, auf ein Neues.
Das war schon was ganz anderes, Zitate zu übersetzten, Bibelstellen, Roger Bacon, Isidor von Sevilla und all die schlauen Leute. Da ist man auf Tuchfühlung. Klar, die Grammatik liegt bei, das Wörterbuch, ganz altmodisch, aber ich liebe es. Und es lernt sich völlig anders.
Wenn ich das überhaupt noch als Lernen bezeichnen kann, es ist eher Knobelei, die Spass macht.
Bestimmte Zeiten, mit denen man im Unterricht regelrecht geschockt wurde, wie etwa das Futur II, die sind bisher noch gar nicht aufgetaucht, statt dessen greift man die Passivformen im Vorbeigehen ab und beherrscht die Deklinationen perfekt, ohne sie sich hineinzupauken. Es macht Sinn so und es macht Spass, sehr großen Spass. Es ist mein Weg.
Ich werde mir das jetzt auf diese spielerische Weise geben, ohne inneren Druck, oder irgendwelchen Zwang zum Erfolg.
ich will hier nicht in Versuchung kommen, das ehrwürdige Lehrpersonal zu rügen, das seinerzeit an uns herumgedoktert hat, ohne einen Funken der Inspiration, die Vergangenheit lässt sich ohnehin nicht mehr ändern, requiescant in pacem.

Es bleibt für mich eher der Schluss zu ziehen, dass man seinen eigenen Weg gehen muss. Der, der einem liegt. Sonst wird das nichts. Und es bleibt zu hoffen, dass auch diejenigen, die für die diversen Bildungssysteme zuständig sind, das auch mal kapieren, das „Puppis-Syndrom“! 🙂

Womöglich werde ich mir den „Bellum Gallicum“ vom guten Julius besorgen, zweisprachig. Ein wundervoller Spielplatz ……

PS: Turris ist übrigens der Turm und sitis das, was ich gerade habe. Prost

 

Blinde Anschauungen

Es geht weiter mit der Malerei. Als der Laie, der ich bin auf diesem Gebiet, da glaube ich ja gerne Alles! Ganz und Gar!
So geschehen beim Meister von Flémalle. Der hat das  Mérode Triptychon gemalt. Frühes fünfzehntes Jahrhundert. Heutige Niederlande. Ist völlig egal.
Laut anderen Quellen heisst der Maler Robert Campin, dann soll es wieder die Werkstatt mit vielen Händen gewesen sein, und welche Hand von wem nun stammt, das weiss man auch nicht. Und morgen wieder ganz ein Anderer. Wird alles gedruckt und behauptet.
Wehe jedem, der vor dem Bild steht und sagt: „Das ist ein Campin!“
Das war nix!

Interessanterweise unterschieden sich die Ursachenzuschreibungen der „Antoninischen Pest“ im 2. Jahrhundert nicht grundlegend von den Erklärungen für die große Pest im 14. Jahrhundert. Verunreinigungen der Luft und miese astrologische Konjunktionen. Stimmte nicht ganz, aber die Leute haben es geglaubt.

Die „Konstantinische Schenkung„, eine gefälschte Urkunde aus dem 8. Jahrhundert sichert dem Papst die Herrschaft über Italien zu. Das „Privilegium Maius“, eine Fälschung aus dem 14. Jahrhundert, bescherte den Habsburgern Sonderprivilegien und jede Menge „Erz“-Titel.

Die Liste solcher aus heutiger Sicht ganz cleverer Mogeleien lässt sich locker erweitern, wenn man den Fundus der Kirche betrachtet. Ob Reliquien, Ablässe, die Heiligen Drei Könige überhaupt oder die Vorhölle. Das waren halt falsche Theorien. Da ist man heute weiter. Die heilige Lanze, so hat man herausgefunden, die stammt aus der Merowingerzeit und konnte so unmöglich eine Rolle gespielt haben bei der Kreuzigung Christi. Und mit dem Heiligen Georg tat man sich auch schwer, der wurde klammheimlich abgeschafft und auf Bestandssicherung reduziert.
Wie blöd waren die Leute eigentlich früher, dass die so einen Kram geglaubt haben?
Im Vergleich zu uns im 21. Jahrhundert schon unfassbar bescheuert.

Ganz selten kommt es heute vor, dass da mal so ein Ding ausbaldowert wird wie die „Brutkastenlüge“, die der Intervention in Kuwait seinerzeit noch einen moralischen Anstrich gab. Und wenn es nicht um eine ernste Sache ginge, würde man sich heute wegschmeißen können vor Lachen, wenn man sich die Berichterstattung zur Havarie in Tschernobyl in der BRD ankuckt.
Das sind Ausrutscher. Kann mal vorkommen.

Ich gebe ja zu, manchmal haben mich solche Nachrichten irritiert. Regelmäßiger Auslöser solcher Verunsicherungen sind Schlagzeilen wie „Kommt eine neue Eiszeit?“
Nach dem letzten Sommer wäre es mir fast recht. Aber nur eine ganz kleine, bitte. Oder das Waldsterben. Vor 30 Jahren oder so habe ich felsenfest daran geglaubt, 2016 kein Fizzelchen Wald mehr stehen zu sehen, Stein und Bein hätte ich darauf geschworen. Nu ja, ein bisschen ist ja noch da und steht so herum.

Ja, ja. Könnte man noch weitermachen. Der Werner von Oberwesel, der Sturz Ceaucescus, Erich von Däniken und die FIFA ….. ich höre jetzt auf. Mag jeder seine Schlüsse ziehen.

Meine Konsequenzen? Der gute Vorsatz war:
Kein Fernsehen mehr. Hab ich nicht wirklich durchgehalten. 2 mal Spiele der NFA geguckt. Und der Super Bowl kommt. Es wird da schon mit rechten Dingen zugehen. Knock on wood!
Oha, und auf der Wikipedia angemeldet. In der schier wahnwitzigen Hoffnung, ein Muggaseggele mehr an einen unmassgeblichen Schritt zur Wahrheitsfindung beitragen zu können.

 

 

Kollaps in Saal 12

Mehrmals hat es sich so oder ähnlich zugetragen:
Ich bin leidenschaftlicher Museumsbesucher. Gewesen, müsste man eigentlich schreiben, dereinst gewesen und lang hat es gedauert, bis ich merkte, dass sich immerzu dasselbe Phänomen ereignete:
Wie von einem Magneten wurde ich angezogen von Museen, nach der Devise: Je größer, umso besser. Nehmen wir als Beispiel beidhändig den Louvre, Höhepunkt eines Besuchs in Paris.
Angetreten im Frühtau, gestärkt durch Frühstück und voller Neugier. Der Start war  variabel, ob Altägypten oder spätgotische Malerei.
Enthusiasmiertes Betrachten der Exponate, ich bin ein gründlicher Mensch und wenn ich im Louvre bin, dann gefälligst richtig – und es läuft gut, es rührt bis in’s tiefste Innerste, das Herz geht über.
Gegen elf Uhr beginnt es von den Rändern her zu erodieren. Der Körper wird ungesellig.
Hunger! Durst! Auch so ganz leicht macht der Rücken sich nun bemerkbar, das Kreuz.
Besuch des Bordrestaurants. Der Körper darf sich setzen und ich kann mit ihm weitere Absprachen treffen. Inmitten fröhlicher und ebenso kunstsinnig gestimmter Mitmenschen Versuch einer Erholung, mit viel Glück gibt es eine Freifläche, wo man rauchen kann. Und dort sitzt of noch jemand, der genau so froh ist. So trifft man ganz witzige Leute, an die man sich oft viel besser erinnert als an manches Exponat.
Dann geht’s weiter, durch die Gänge zurück.
Danach vermehrt körperlich-geistiger Abbau, viel schneller. Gegen 14:30 fallen vermehrt die Sitzgelegenheiten auf. In bequemen Möbeln pflege ich zu versacken und die Aufmerksamkeit wendet sich den Mitbesuchern zu. Es wird schleppend. Der Körper wendet sich ab. Oh, welch hitzige Auseinandersetzung hab ich mit diesem schlappen Gesellen gehabt. Vergeblich!
Um 15:00: In jedem Saal Halt eingeleg, die Konzentration lässt rapido nach, bis sie kurz danach völlig implodiert, inmitten zahlloser Führungen, die scheinbar jungbrunnenmässig vital rechts und links überholen, der man nur noch teilnahmslos glotzend vor den Exponaten steht. Im Kopf bildet sich ein riesiger Friedhof vergessener Eindrücke ab.
Ich hatte beim späteren Betrachten der bebilderten Museumsführer das Gefühl, in den Sälen des Vergessens NIE gewesen zu sein.
Fluchtartig und mit einem massiven Gefühl der Schuld muss man der Örtlichkeit fliehen, weil nichts mehr geht.

Ich werde das so nicht mehr machen. Lieber lass ich mich treiben durch den Tag und erhole mich an schönen Orten und mache Urlaub in echt. Da ich aber nun das Pech habe, weit abseits ganz vieler größerer Sammlungen zu wohnen – die Uffizien gehören imho fast zum Rande der bewohnbaren Welt.
Den Louvre werde ich nächstes Jahr gepflegt mit der Wikipedia begehen. Saal für Saal. Klaro, ich seh das nicht in echt, aber dennoch schön groß und mit ganz viel Infomaterial, nämlich dem www – und ich kann Pause machen ohne Ende, rauchen, Käffchen, Tee, sogar Bier und ein Schläfchen geht jederzeit. Keiner stört mich dabei, ich muss keine Toilette suchen, denn bei mir im Hause finde ich sie sehr schnell.
Bei Ausstellungen halte ich den Ball ganz flach, da nehme ich mittlerweile immer die Kataloge mit, wenn schon, denn schon. Die sind ganz hervorragend gemacht, oft mit lesenswerten Essays aufgebessert. Die kann ich in der guten Stube durchwandern, so oft ich will. Und vor allem gründlich.

Oh jeh, jetzt bin ich durch das Schreiben schon ganz hibbelig und gierig geworden. Vielleicht nachher noch ein Abstecher in den Louvre oder in das Germanische Nationalmuseum.  Aber bloss ganz kurz. Morgen im Frühtau geht’s weiter.