„Morgenlandfahrt“ ist ein kleines Bändchen, das Hermann Hesse 1932 geschrieben hat. Es stand hier wohl an die 20 Jahre ungelesen im Bücherschrank. Ich weiss nicht mehr, aus welcher Altpapiersammlung ich das abgegriffen habe.
Ich will hier nicht mit einer Inhaltsangabe langweilen, die würde ich nicht hinbekommen. Es geht halt um eine fiktive Reise in ein fiktives Morgenland, es gibt eigentlich kein Label für diese Erzählung. Ich kann das nicht einordnen.
Der Titel blieb hängen bei mir und ich begann mich zu erinnern, an die guten alten Zeiten, die man so gerne zu verbrämen pflegt, so eine Gloriole darüber hängt.
So um die Zwanzig war ich , die etwas fusskranke Nachhut hinkte da noch der Hippiebewegung hinterher.
Irgend etwas war doch da? So eine ganz unklare Ahnung davon, dass die Welt irgendwie im Eimer ist. Ein Unbehagen an der Zivilisation. Kritik bis hoch zum Stehkragen.
Das haben Andere auch bemerkt. Ich kann mich erinnern, dass sich eine wahre Flut von esoterischer Literatur über das Volk ergoss, einige praktische Instant-Erleuchtungsführer, auf der anderen Seite die ganze Andro- und Theo- und Philosophenecke, Seriöses gemischt mit weniger Seriösem, bei mir hat alles versagt. Das Rüstzeug war da, nur der Rappe, der fehlte!
Einer nach dem Anderen von uns Morgenlandfahrern flog damals aus der Kurve, der eine fiel nur um, ein Anderer mit 180 km/h.
Ein paar Dekaden später brachte das Hermännsche diese Zeiten wieder in die Erinnerung. Der beschrieb das ähnlich, nur viel besser. Das Debakel am Morbio Inferiore, so nannte Hesse das (Ist keine Krankheit, sondern in ein Ort im Tessin).
Ich habe lange darüber nachgedacht, was mir damals eigentlich passiert ist.
Es waren die Hausaufgaben, die nicht gemacht wurden. Oder, wenn man so will, es war der Versuch, sich so am Leben vorbei zu mogeln. Das konnte nur in die Hosen gehen. Das ist wie wenn man erwarten würde, dass man beim Monopoly sofort die grünen und die gelben Strassen bekommt, alle vier Bahnhöfe und die Schlossallee mit einem Hotel darauf. Pfeifendeckel!
Kurz nachdem ich dem Hesse wieder begegnet bin, da kam ein Schreiben mit guten Wünschen zur 25-jährigen Betriebszugehörigkeit. Eigentlich leg ich wenig Wert auf so einen Kram, so ein bisschen hat es mich aber doch ganz klammheimlich gefreut.
Es war ein wenig der Gedanke dabei an die Hausaufgaben, einen Job erledigt zu haben. Mir ist noch einiges mehr eingefallen, was sich derzeit in geordneten Bahnen bewegt. Daran denkt man eigentlich sehr selten, denn meist ist man beschäftigt mit Problemen, seien sie wahr oder nur eingeredet. Und natürlich sind die Zeiten schlechter denn je.
Ein eigener Gedanke ist trächtiger als zehn fremde, denn darüber denkt man ungleich öfter nach, prüft ihn, verwirft oder billigt ihn und setzt ihn dann dazu zu der Summe seiner Erfahrungen.
Schaunmermal. Irgend wie beschäftigt mich die Morgenlandfahrt wieder. Ob der Rappe nun da ist?